hätte ich gern mein Problem zurück.

Liebes Internet,
es ist der 07.11.2010, um 16:26 Uhr wird die Sonne in Berlin untergehen und in circa 189 Stunden beginnt das Finale. Das sind schätzungsweise 11328 Minuten, bis ich mich für 8 – 9 Wochen ins soziale Aus, in die wissenschaftliche Isolation und die rudimentäre Askese begeben werde. Nein, ich freue mich nicht.
Ich habe mir für viel Geld Bücher zum Thema “wissenschaftlichen Arbeiten” gekauft – überflüssig zu sagen, dass diese zu Beginn meines Studiums die wohl sinnigere Investition gewesen wären – habe auf meinem Laptop einen Extra-Nutzeraccount angelegt, der “Abschlussarbeit” heisst und auf dem außer Word, Citavi, Outlook und Firefox nichts anderes funktioniert. Keine ablenkenden Picdumps, kein Bloglovin, kein YouTube – NICHTS!
Mir ist die erfolgreiche Beendigung meines Studiums sogar so wichtig, dass ich momentan einen genauen Zeitplan darüber erstelle, wie meine täglichen Arbeitszeiten aussehen und was ich wann, wie und in welcher Menge geschafft haben will. Bis Weihnachten soll der grobe Schreibkram erledigt sein. Bis Ende Januar habe ich dann noch Zeit für Korrekturen, Überarbeiten und den letzendlichen Druck meines Geschreibsels.
Druck habe ich übrigens schon genug, so dass es hier fürs Erste erstmal stiller sein wird. Mit “Petrus”, dem direkten Ansprechpartner im Arbeitshimmel habe ich erstmal eine Halbierung meines Arbeitspensums vereinbart, damit ich in den ersten Wochen einschätzen, wie es läuft und ob ich all das, was ich vorgenommen habe, auch wirklich auf die Reihe kriege. Im Moment zweifel ich daran.
Ich zweifle übrigens auch daran, dass ich wirklich für die Abschlussarbeit zugelassen werden. Auch wenn das Prüfungsamt, mir schon schriftlich bestätigt hat, dass ich von hochoffzieller Seite mein Thema ab Montag bearbeiten darf, hege ich die innere, grausame Überzeugung, dass irgendjemand vergessen haben wird, mir irgendwelche popeligen Credits gutzuschreiben. Ich bin übrigens der Typ Mensch, der bei solchen Gedanken nicht schlafen kann und wenn dann doch geschlummert wird nur unter thematisch passenden Albträumen. Erholsam ist anders.
Albtraumhaft war auch übrigens die letzte Projektsitzung in der Uni am Mittwoch mit dem Spaßprofessor im Bildungs-Kabarett. Aber das auch nur am Rande.
Am Rande des studentischen Kosmos findet heute übrigens auch vielerorts in Berlin auch ein verkaufsoffener Sonntag statt. Zu dumm, dass es gar keinen Grund zum Einkaufen gibt, seitdem der ehemalige Gammel-Markt in Lauf- und Rufnähe wieder seine Pforten geöffnet hat. Vielleicht geht die Frau Ritari mit der besten Wochenendgesellschaft von allen nachher noch ins Getümmel, um die geliebten Overknee-Stiefel zum Onkel Doktor zu bringen.
Der beste Herzensklemptner von allen schlummert übrigens friedlich auf der Couch, im Hintergrund läuft der Fernseher mit irgendso einem Bespassungsscheiß wie “Bauer sucht Frau oder Schwiegertochter”. Hihi, wenn der wüsste, mit was für einen Schund ich sein schlafaufnahmefähiges Hirn berieseln lasse. Vorhin habe ich die Couch fluchtartig verlassen, als er leise grunzend, die Berührung seines Beins – wie immer auf halb acht über meinem Schoß hängend – mit meiner kalten Stricknadel quitierte.
Vorhin – und das heisst gestern abend – haben wir außerdem versucht, dem möglichst normalen Wochenende (es werden viele unnormale mit Nervenzusammenbrüchen, Schrei- und Heulkrämpfen folgen) eine nerdige Krone aufzusetzen. Der Arbeitshimmel hat uns mit einem zweiten PS3-Controller beliefert und so saßen wir beide – 60 cm vor dem Flachbild – auf Sitzkissen nebeneinander und versuchten uns in Resident Evil 5 rotäugiger Zombies wehrhaft zu erweisen. Wie sahen beide ein, dass wir für so etwas zu alt sind, besonders ich hust.
Alt werde ich heute übrigens nicht mehr – damit schließen wir den Kreis zum ersten Absatz. Denn wenn die Sonne um 16:26 Uhr untergeht, dann darf man auch vor dem Sandmännchen auf der Couch wegdösen. Ich gehe also ins Wohnzimmer, gucke dem besten König aller Zombiejäger beim Schlafen zu, fertige noch ein, zwei Reihen am Strickstrick und gebe mich der Illusion hin, dass alles gut wird und viel größere Flachpfeifen als ich, Ihren Abschluss geschafft haben. Haben die etwa konzentriert, gewissenhaft und ohne doppelten Boden gearbeitet und somit den qualifizierenden Studienabschluss eingeheimst?
Wenn das die Lösung für mein Problem ist, dann hätte ich gern mein Problem zurück.
Deine Marga
The Gunpowder Treason and Plot,
I know of no reason
Why Gunpowder Treason
Should ever be forgot.
Nation of sheeps, rules by wolves, owned by pics. Das ist nichts weiter als 0815-Content, wie er heute auf jedem anderen Blog auch zu finden ist. Aber ist es nicht wirklich traurig, dass die Realität immer wahrer wird? Lohnt es sich da nicht, mal drüber nachzudenken?
Liebe kann viele verschiedene Gesichter haben und oftmals wandelt sich auch ihre äußere Erscheinung im Laufe der Zeit. Ich meine nicht die Kino-Liebe, das Um-jeden-Preis-geliebt-werden-wollen oder die simple aber phantastische 1+1=♥-Gleichung.
Ich spreche von der embryonalen Entwicklungsstufe, über das kindliche Liebhaben des pochenden, warmen Stück Fells unter der Streichelhand bis über das erste, tatsächliche, meist unglückliche Verliebtsein – das alles ist die Liebe, die ich in diesem Zusammenhang meine. Auch Erinnerungen können Liebe sein. Meine erste bewusste Erinnerung als große Schwester zum Beispiel oder das Gefühl von heißgeriebenen Händen im Winter, solche Dinge meine ich.
Damit meine ich Gedanken, die voller Liebe sind. Das Türaufhalten, das Im-Bus-aufstehen, das Wort-für-Fremde-erheben – letzendlich das Mitdenken und Mitfühlen, nicht nur für einen selbst, sondern erst recht für andere.
Je älter ich werde, desto mehr hat Liebe etwas mit anderen zu tun, als mit mir selbst. Und ich habe übrigens die beste Mutter der Welt.
Ja klar, ihr könnt mich jetzt Lügen strafen und so ungeheuerliche Dinge behaupten wie, dass eure Mütter viel besser sind. Aber nur durch meine Mutter kann Liebe auch etwas so sein wie Rindwurst.
Wahrscheinlich ist es höchstgradig albern, die Worte zu schreiben. Wie für den Rest meiner traurigen Schreiberei gibt es für solche Dinge kein Publikum. Und vermutlich wissen selbst diejenigen, die mich am besten kennen, nicht, was das hier alles zu bedeuten hat. Ich mach es kurz:
Vor ein paar Wochen telefoniere ich mit meiner Mutter. Ich rufe regelmäßig an, denn ich bin ein gutes Kind. Uns trennen schätzungsweise 400km und das sind Welten und Lichtjahre für das Tochterdenken. Im Tochterdenken ist auch verankert, dass die Marga-Mama die beste Köchin der Welt ist. Kindheitserinnerungen beruhen zum Teil auch auf griechischen Kulinarismen, Fettaugen auf Rindfleischsuppen, Mohrenkopf-Torten und essbaren Weihnachtstraditionen. Wenn ich also hungrig bin – und das war zu dem Zeitpunkt sehr – frage ich sie, was sie für sich und den Marga-Papa kocht.
Sie sagt: “Rindswurst!” – Sie sagt das mit dieser entzückenden südhessischen Färbung, die ihr der lange Aufenthalt dort eingebracht hat.
Rindswurst. Seit dem 18. Januar 1894 – und als Altervorsorge für das junge, verliebte Metzger-Ehepaar Gref-Völsing gedacht – gibt es sie und sollte vor allen Dingen jüdische Wurstliebhaber ansprechen. Es gibt sie in Berlin nicht. Was traurig ist. Zum einen für die Hauptstadt, zum anderen für die Marga.
Ich sage: “Boah, da hätte ich auch mal wieder Bock drauf. Gibbets in Berlin ja nicht.” – Ich sage das mit einer gewissen Wehmut, weil 400km eben 400km sind und ich mich nicht schnell selbst zum Essen einladen kann. Thema gegessen.
Und so wird aus einem Nebensatz eine Liebeserklärung.
Ich kriege gestern Post. Das ist nichts Neues. Paket von Marga-Mama. Stimmt, die wollte mir ein paar Unterlagen schicken. Hat sie auch. Und zwei Packungen Rindswurst.
Danke Mama.
Deine Tochter
P.S: Früher hiess es “Willst du deine Tochter retten – schick ich Geld und Zigaretten!”. Es reimt sich nichts auf Wurst. P.P.S: Meine Mama hat auch schon Suppe und Sauce mit der Post verschickt. Mit Tiefkühl-Akkus. In Alufolie. Sehr zu empfehlen. P.P.P.S: Es ist albern. Die Überschrift ist albern. Der Text ist albern. Ich bin albern. Aber wenigestens hat man mich lieb.

Ey Komplizin,
kommst du zur Anprobe? Dein Winter-Equip ist fertig.
Willst du noch Stickereien oder Verzierungen? Ich könnte dir “links” auf die linken und “rechts” auf die rechte Stulpe sticken (als würde das einen Unterschied machen). Bommeln, Ziernähte oder ähnliches ist auch kein Problem. Sag mal Bescheid, wir müssen uns eh noch wegen unserer brachialen Shopping-Tour unterhalten.
Margaleinchen
P.S. Ich hab einen 25,00 € Galeria Kaufhof-Gutschein “in der Ablage” gefunden. Da gibts auch Wolle. Wollnma?
Als hessisches Kind ist man zumal mit einem ziemlich geilen, aber missverständlichem Dialekt gesegnet. Auch die hessischen Kulinaritäten wie Abbelwoi, Ahle Woscht, Handkäs’ und “Grie Soß” werden nicht von jedem Menschen verstanden (von den preussisch-stämmigen Berlinern mal ganz zu schweigen). Genauso abendländisch erscheinen unsere Traditionen. Das was der beste Vollblutberliner von allen als “die Provinz” betitelt, also da wie die Frau Ritari ursprünglich gelebt hat, gibt es am Abend des sechsten Dezembers (also noch lang hin) den “Glowesabend”. Wie zum heutigen Halloween ziehen die Kids von Haus zu Haus und Geschäft und Geschäft, sagen Ihre Sprüche auf und kriegen dann was zu beißen. In Anbetracht der Tatsache, dass mir heute zwei Einhörner, zwei Geister, drei Piraten und geschätzte 50 Vampire begegnet sind, möchte ich euch gern daran teilhaben lassen, mit welchem Spruch ich früher den Omas die Bonbons aus der Rippe geleiert habe:
und keine Mätzchen.
Arsch an de Wand
und her midde Plätzchen.
Herzallerliebst, nicht wahr? Und genau, weil ich nur mit solchen bäuerlichen Sitten aufgewachsen bin, war es für mich als Rucksack-Berliner und Neu-Großstädter vollkommen überraschend, als ich an meinem ersten Halloween im Prenzl’Berg von ein paar mutigen Kindern im 5. Stock (immernoch ohne Fahrstuhl) heimgesucht wurde.
“Süsses oder Saures!”, im ersten Augenblick löst so ein Spruch die Bud-Spencer-Faust in mir aus, weil es sich aber um Nachbarskinder handelt und die ARAG hier gute Geschäfte macht, sah ich mich gezwungen “Süsses” zu suchen. Wer meinen Haushalt kennt, weiss, dass Zucker und Kohlenhydrate keine Aufenthaltserlaubnis innerhalb der margaritarischen Grenzen haben und so stellte sich die Suche als wahre Sinnkrise da.
In meiner Not reichte ich den Kindern das Süsseste (mit Ausnahme von Süßstofftabletten), dass sich im Kühlschrank befand: Ein Bund Möhrchen.
Die Begeisterung hielt sich gelinde gesagt in Grenzen, meine wuchs hingegen von Augenblick zu Augenblick. Es gibt für so eine fiese Leiste wie mich nichts Schöneres, als entgleiste Blick bei Jung und Alt. Seit diesem Tag habe ich – neben dem obligatorischen Süßkram – auch immer ein paar Karotten zuhause und warte hexenkichernd hinter der Tür und hoffe, dass wieder ein paar Kinder zum Erschrecken klingeln.

P.S.: Neue Playlist übrigens —–>

“Was machen wir heute eigentlich?”, sprach das Wochenendkind und stürzte uns in tiefe Verzweiflung. Wir konnten uns als Kinder selbstbeschäftigen und auch gut und gerne auf eventuell anwesende Bespaßungskomiteés verzichten. Wir haben noch im Dreck gewühlt, Hütten gebaut, auf dem Bolzplatz gekickt und uns gegenseitig vermackelt. Das alles kann er anscheinend nicht, dafür aber erwartungsvoll gucken.
Also packen wir das Kind warm ein und gehen los. In einer Metropole wie Berlin wird doch am Tage eines verkitschten US-Fests irgendwas los sein. Denkste, tote Hose auf der Straße. Bis auf die minderjährigen Austauschs-Gangster, die am UCI-Kino stehen und “Leute abrippen” wollen, den Baustellen-Trottel der U2 und dem sehr üblichem Mauerpark-Publikum ist einfach kein Menschenstrom und somit kein Veranstaltungsindikator sichtbar.
“Scheeeeeei…benkleister!”, ruft die Marga kindskonform und der mittlerweile gar nicht mehr so kleine Mann und guckt überrascht. Den Blick hat er von seinem Vater. Mein bester Grimassenschneider von allen wendet ihn bevorzugt an, wenn ich besonders unerwartete Dinge tue oder sage. Das kommt häufiger vor. Ich hab übrigens Bonbons in der Tasche.
Nur durch Zufall hängen wir uns eine Familie ran, die nicht ganz so prenzelig aussieht und anscheinend genau weiß, was sie tut. Plötzlich hocken wir am Helmholtzplatz und haben das Kind das Kind mit Taschengeld bewaffnet auf den nahen Kinder-Flohmarkt geschickt. Schnell kehrt er sichtlich genervt zurück und murmelt was von “Kinder-Klamotten”, “Baby-Spielzeug” und so weiter und sofort. Kindsein ist offensichtlich anstrengend. Er holt sich eine Bionade.
Auch anstrengend sind die Nachbartische, die der Beste und ich uns auf den Draußen-Plätzen des Cafe´s angelacht haben. Rechts sitzt eine rauchende Mutti und ihre schätzungsweise 10-monatige Nachgeburt, sie in dem blockgestreiften 10,00-Euro-H&M-Kleid, dass hier momentan jede trägt – die Kippe in der Rechten, das Eis in der Linken. Ihr Sproß schlabbert auch fröhlich an einer Eiswaffel rum. Ich hasse diese Weiber, die ihren halbgaren Wänsten zum Fressehalten immer was ins Maul stopfen müssen. Und dann so was.
Links sitzt so ein Rudel Gebährender und solche, die es werden wollen und bestaunen, was die eine im Bunde da Tolles zwischen den Schenkeln herausgepresst hat. Ein dumbo-ohriges – aber zumindest ruhiges – Kind ist in einer Art Gespann auf der Wirbelsäule der Mutti befestigt und sieht aus wie ein Rucksack. Ich erfahre, dass dieses “Geschirr” 80,00 Euro gekostet hat und besonders die Bindung zwischen Mutter und Kind fördert. Ja, genau. Wenn ich bleibende Schäden im Leben davon getragen habe, dann davon, dass ich nur eine suboptimale Bindung zum Nacken meiner Mutter habe. Wahrscheinlich habe ich deswegen auch keinen Grund, mich über die Kinds-Hasser im Britz-Viertel in Neukölln aufzuregen oder keine Veranlassung mich über emissionsfreie Generationsbauten zu freuen, in denen “das Gemeinschaftsgefühl ganz famos” ist. FUCKOFF.
Was am gruseligsten an diesem ganzen Panoptikum ist: Immer wieder erwische ich beide Parteien während meiner investigativen Beobachtung, wie die Tische hyänenartig zu uns rübergieren. Was ich im ersten Moment noch als eindeutiges Abchecken meines Bestens deute, schlägt mir im nächsten Moment als unaussprechliche Wahrheit ins Gesicht.
Auf dem Tisch stehen ein Chai Latte (ich), ein Latte Macchiatto (er) und so eine unsägliche Bionade (das Kind) und die bittere Erkenntnis: DIE HALTEN UNS FÜR EINEN VON IHNEN!
Panik! Anders ist dieses Gefühl nicht zu Umschreiben. Ein Pärchen – Er ziemlich überfordert – Sie im 10. Monat schwanger – flaniert an uns vorbei, sieht uns und lächelt ob der kommenden Familieneinigung. Gott, ich weiss, wie sich Förderationskreuzer vor der Assimilierung durch die Borg fühlen. Hilflos. Entsetzt. Kampfbereit.
Wir zahlen und pilgern im Stechschritt nach Hause. Ich bin nichtmal ein anständiger Mensch, wie soll ich da eine anständige Prenzl’Mutti sein?
Durch sechs verschiedene DM-Drogerien bin ich getigert, die Ellenbogen gespitzt, um mich notfalls mit den Kosmetik-Groupies dieser Stadt anzulegen. Ich habe das Fachpersonal befragt (geschleimt!), habe Umwege und weite Strecken auf mich genommen und bin letzendlich nicht im leeren Händen siegreich heimgekehrt.
Wer so ein Haarpflegefundamentalist ist wie ich, der hats halt anscheinend nicht anders verdient.
Das Objekt meiner kosmetischen Begierde ist das in der letzten Woche in DM-Drogerien gesichtete Alverde Repair Haarspitzenfluid Traube-Avocado! Ok, aber warum jetzt der ganze Veitstanz wegen ein bisschen Schmierkram?

Gestatten? Traube-Avocado Shampoo, Spülung und ganz rechts das Haarspitzen-Tralala
Vor Äonen – als ich noch jung war – hatte ich arschlange, blonde WUNDERSCHÖNE (aber langweilige) Haare. In einem Anfall von pubertärem Hormonschub und Wahn liess ich alles auf Pagenkopf-Länge kürzen und sah fortan wie ein Flugzeug. Zwei Wochen habe ich damals geheult und bin leider nicht schlau geworden. Während mir meine Haare noch die jugendlichen Sünden ala Schaumtönung und Chemiekeulen verziehen hat, sträubt sich das mittlerweile reife margaritarische Haupthaar gegen Chemie im wahrsten Sinne des Wortes.
Doof und ein wenig unsicher (die Werbung lügt ja schliesslich nicht) pappte ich mir fortan jeden Marken-Kram in die Haare in der steten Hoffnung auf Besserung und war erstaunt, dass meine Wallewalle-Mähne aus Kindertagen immer dünner, platter und fettiger wurde.
Irgendwann gabs dann kalten Entzug: Kein Stylen, kein Föhnen und vor allen Dingen keine Silikone.
Silikone sind Krieg!
Silikone haben übrigens kosmetisch gesehen die selben Eigenschaften und den gleichen praktischen Nutzen wie auch in der Baubranche. Kaschieren! Dass man kaputtes Haar nicht reparieren kann, egal wie lockig und debil die Gliss-Kur-Tante aus der Werbung grinst, merkte ich spätestens beim dramatischen Silikon-Entzug an dem Zustand, in dem sich meine Haare befanden. Untragbar. Skandalös. Wie Omi unterm Arm. Also ab damit, Pagenkopf. Prinzessin Eisenherz wieder nur am Heulen.
Deswegen färbe ich mir meine Haare seit ewigen Zeiten mit Henna in diversen selbstgepanschten Rottönen (seit gestern übrigens in meinem Winterrot) und wäsche meine Haare mit Naturkosmetik. Ich stehe also mit der Öko-Mutti-Liga vorm Regal und lese Inhaltsstoffe, das einzige spießige Laster, das ich mir übrigens leiste. Als hevorragender Wegbegleiter hat sich da übrigens der Codechecker erwiesen, aber Vorsicht! Der ist nichts für schwache Nerven! Oder möchtest du etwa feststellen, dass sich in der Gesichtscremé Erdöl-Verbindungen befinden? Nein? Na also.
Ok, das alles erklärt zwar meine bemitleidenden Blicke bei den noch vollhaarigen Teenie-Weiber, die sich nicht entscheiden können, ob Fructis oder Pantene besser riecht, aber immer noch nicht meine Freude. Es gab bisher nichts vergleichbares in der Naturkosmetik und deshalb sah ich mich ernsthaft genötigt – Frauen verstehen das.
Der einzige Grund, der meine Euphorie ein bisschen trübt, ist der direkte Vergleich zu den üblichen Alverde-Portionsgrößen. Lächerlich!

08:42: Ich hasse Wäscheberge, schlechte Nachrichten, U-Bahn-Mief und Hunde. Ich hasse auf links-gedrehte Hemdsärmel (nasskalt), Sprachlosigkeit und Vorwürfe. Ich hasse Alpträume, Panikmache und den Donnerstagmorgen-Blues.
09:01: Ich weiss nicht, wie ich zur Arbeit gekommen bin. Jetzt sitz ich hier.
09:21: Eine Kundin verabschiedet sich mit den Worten “Hauptsache die Haare sitzen!”. Bestens.
09:35: Das Bearbeitungssystem hat Schluckauf und funktioniert nicht. Die IT hat anscheinend weder die Bestrebung noch das Vermögen an diesem Zustand etwas zu ändern. Ich gucke aus dem Fenster und warte einfach mal ab.
09:55: Ein Anruf aus Kassel, einer aus Essen und zwei von dubiosen, unsympathischen Handynummern später: Es lädt und lädt und lädt. Energisch wie der Duracell-Hase kreist der Firefox-Ladering um seine eigene Achse. Kotzwürgspei.
10:35: Stop telephonin’ me. I’m busy.
11:51: Nase läuft. Aus lauter Frust ist das Mittagessen jetzt schon verputzt.
13:33: Ich wusste, dass mein Gemecker sich irgendwann für mich auszahlt. Ich esse Cocktail-Tomaten.
13:35: Alle, alle. Ich bin so verfressen. Die Mädels haben Spekulatius und Marzipankartoffeln dabei. Ich HASSE Weihnachten.
13:37: l33t-Time! Ich liebe Weihnachten! Ich will Zimtsterne und Spitzbuben und Vanillekiffer!
13:42: Wir haben den Kunden des Tages, die E-Mail-Adresse der Woche und jetzt als neues Gewinnspiel den Gesprächseinstieg des Tages. Gewonnen hat Glitzy (knapp sechs Stunden vor Dienstschluss) mit Frau Jammerlappen:
Ja, genau. Bestens.
14:51: Cheffe geht jetzt zu einem Treffen mit meinem alten Arbeitgeber. Hab ihm gesagt, dass wenn er dort ankommt, die Mitarbeiter die Meldung bekommen haben, aufzuräumen, nett zu lächeln und kompotent auszusehen. Auch wenn er mit jemandem spricht, wurde der zu 100% vorher instruiert.
Ich gehe jetzt übrigens gleich nach Hause.
15:20: Bin noch unterwegs und wurde im Zeitraum von fünf Minuten von einem überdimensionierten Königspudel und einer minderintelligenten Rollator-Oma angebellt. Beide teilen sich eine Frisur.
16:40: War in zwei verschiedenen Stadtteilen einkaufen und setze mich mit einem Glas saure Gurke auf die Couch. Auf 3Sat kommt eine Reportage über Handelsschiffe im Mekong-Delta. Ich will auch so ein Boot und im Mekong-Delta Melonen rumfahren.
17:07: Nur Chai-Tea kann den Tag noch retten. Ich denke an meinen Bruder. Ich wollte unbedingt heute mit der Recherche für meine Abschlussarbeit anfangen. Mein Gott, wo ist meine Jugend hin?
17:43: Die Ju hat wohl kalte Füsse und nen warmen Hals. Ich möchte meine kalten Hände in Angora-Alpaka-Mohair rammen! Und ich möchte stricken. dieKomplizin wartet bestimmt schon.
17:55: Nein, ich rufe ihn nicht an. Nein nein nein. Und ja, ich habe ein ganzes Glas saure Gurken vernichtet. Und dabei gefühlte 5000 Artikel für das morgige Kolloquium durchgesehen. Mal sehen, ob sich Gollum morgen in die Uni traut.
18:41: Draußen ist es dunkel und Wochenende ist auch bald. Da muss ich mir dann überlegen, ob es das Pornofilmfestival oder die Haustiermesse wird.
20:55: Ja, genau. Warum den Atomkrieg fürchten, wo wir doch eigentlich nur genügend verbleite Kühlschränke bräuchten. Nicht wahr, Mr. Jones?
21:15: Ich stricke die zweite Daumenstulpe der Komplizin aus kuschelweicher, roter Wolle. Das erste Mal seit bestimmt zwei Jahren hätte ich Lust auf eine Zigarette. Und Schokolade. Ich denke an die Gurken von 17:55 und erschrecke mich mal kurz.
21:59: Ich schreibe noch meinen nächsten Blog-Eintrag zu Ende und schmeisse mich zum besten Couch-Warmhalter von allen auf die selbige. Bis morgen Internet,
deine Marga.

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