Es ist 08:00 Uhr als mein Körper wie aufgezogen seine wachzustandaktiven Körperfunktionen nacheinander hochfährt. Erst ist der Kopf dran, dann die Augenlider, Nasenflügel, und der schlafschmatzende Mund. 08:00 Uhr. In den vergangenen zwei Monaten war das der “Point of No-Return”, der spätmöglichste Wachzeitpunkt während meiner aktiven Abschlussarbeits-Phase. Wie mechanisch bin ich in den letzten Wochen aufgewacht, dreissig Sekunden vorm Klingeln des Weckers. Jetzt habe ich noch den Schnee vom Träumen in den Ohren.

Heute dürfte ich ausschlafen. Heute korrigiere ich ein letztes Mal und bringe den Kram zum Drucken. 80 Seiten, 3 Exemplare, Heissklebebindung, hinten Pappe vorne Folie. Morgen fahre ich in die Uni, ganz früh, um mein heimliches Meisterwerk abzugeben.

Ein Meisterwerk ist es nur, weil ich vor zwei, drei Wochen nicht gedacht hätte, dass ich fertig werden würde. Vor zwei, drei Wochen sah ich mich heulend mit dem besten Gratis-Therapeuten von allen im Wohnzimmer sitzen und heisse Tränen vergiessen. Thema zu gross, zuviel Zeit mit Praxis verschwendet und das bisherige Geschreibsel auch eher zum Abgewöhnen. Weitermachen oder aufgeben. Ich habe mi Gin und Zigaretten herbeigesehnt und das Ende.

Und jetzt – am Ende – bin ich zwar nicht zufrieden, aber durchaus bereit, in Anbetracht der süssen Freiheit die Arbeit abzugeben. Das ist Tag 1.

Ich brauche eine Viertelstunde, bis ich aufstehen kann, das Startsignal gibt ein Knallen aus dem Bad. Erst da bemerke ich die leere Bettseite neben mir. Die morgendliche Zeitlupe kenne ich, aber das hier ist neu. Das fühlt sich an wie perkutaner Leerlauf. Das sind die vertrauten Bewegungsabläufe, aber der Filter ist anders.

Der Blick in den Spiegel offenbart (oder bilde ich es mir ein), dass ich sichtbar gealtert bin. Die Wohnung sieht aus wie ein Schlachtfeld. Mir fällt auf, dass ich schon lange nicht mehr Wäsche gewaschen habe.

Ich bin wieder da.

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