Pro bescheuertem Mensch gibt es immer eine Vielzahl von bescheuerten Ideen. Die meisten (und harmlosesten) sind mit regionalen oder auch zeitlichen Parametern verknüpft. Montagmorgen zum Arzt, Freitagabend in den Supermarkt, Samstags zu IKEA und Sonntags ins Kino. Oder auch beispielsweise nach Neukölln, wenn die Türkei fussballtechnisch auf die Fresse kriegt und man sich spontan als ängstlicher Mensch outen möchte.

Richtig ernsthaft bescheuerte Ideen haben oftmals mit der vorschnellen Besetzung von politischen Posten zu tun oder auch gerne mit der Wahl von falschem Schuhwerk. Auch das Bewerfen von adrenalisitierten Sondereinsatz-Bullen mit Kastanien ist dabei eher eine idiotische Disziplin, genauso wenn man sich auf dem Alex mit Bettlern auf Diskussionen einlässt oder mit den Würstchen-Rennern um den Preis für die Bratwurst feilscht. Alles schon gesehen.

Das Mittelfeld wird übrigens von solchen Abenteuern bedient, die sich meist erst im Nachhinein als bescheuerte Idee herausstellen. In der Planung und der rein theoretischen Begutachtung klang es übrigens auch echt super, was der beste Stimmungsmacher von allen ich uns da überlegt hatten.

Zur Vorgeschichte:

Wir bewegen uns trotz Domestizierung gern im öffentlichen Raum. Wir haben unsere Bars, Restaurants, Lokalitäten, die wir gerne frequentieren. Für Clubs sind wir zwar noch nicht zu alt, brauchen aber aus regenerativen Gründen eine längere Planungsphase. Und ein langes Wochenende danach, um Knochen zu ordnen und Rest-Alk auszuschwitzen.

Unser Freundeskreis ist aufgespalten in zwei Lager. So wie Athener und Spartaner, genau mit den historisch belegten, unterschiedlichen Mentalitäten und Party-Gewohnheiten. Während die Athener, gern mal “spazieren gehen” und mit Vorliebe im Rudel kochen (irgendwas mit Ruccola, Parmesan und Kirschtomaten) und gern mal Gesellschaftsspiele spielen – sind die Spartaner ein zerstörerischer, aufgeweckter Haufen Chaoten, die gerne mal einen Abend lang ununterbrochen tanzen, “einen letzten” Absacker trinken und nach Hause laufen, anstatt ein Taxi zu nehmen. Verzwickt. Mein bester Adonis von allen und ich sind übrigens politisch und partybelastungstechnisch gesehen echte Theber: Wir sind grundsätzlich friedlich, haben aber schon üble Kriegsherren vorgebraucht und wilde Schlachten geschlagen (höhö!). Ruccola-Parties mit Absacker sind also möglich.

Problematisch ist neben dem große Alterunterschied zwischen Athenern und Spartanern, die es den Thebern quasi unmöglich macht, beide Freundeskreise zu kombinieren, auch, dass beide Stadtstaaten kaum Zeit finden, wenn man mal spontan afterwork-mäßig die Sau rauslassen will. Gerade bei den Athenern macht sich zudem eine gewisse (wohl altersbedingte) “Unspontanität” bemerkbar, während die Spartaner so unzuverlässig sind und auf Anfragen nicht antworten oder zur Verabredungen nicht erscheinen. Es muss sich jetzt übrigens keiner explizit angesprochen fühlen, in der Übertreibung liegt die Überzeugung.

Aus diesen Gründen beschlossen wir frisches Blut in den Genpool unseres illustren Freundeskreises zu bringen.

Am besten ein ebenfalls domestiziertes, gutgelauntes Paar, gern auch mit bekloppten Hobbies und grenzwertigen Berufen. Am besten ohne Kinder und Hunde. Also so jemanden wie wir es nunmal sind. Sowas sollte gefunden werden.

Wie macht man das am besten?

Bequatscht man das neue Weggeh-Paar in der U-Bahn oder fängt ein zwangloses Gespräch im Kino an? Lädt man sich lauter Fremde ein und hofft auf vollständiges Silberbesteck und vollwertige, tiefe Freundschaften? Gibt man ein Inserat auf?

Er, alt aber junggeblieben, und Sie, mental momentan 17-jährig, suchen nettes, charmantes Paar zum gemeinsamen Weggehen, Quatschen und Fremdessen. Ihr solltet flexibel, redseelig und spannend sein, gern auch extrovertiert und superschlau. Klugscheißer, chronische Weltverbesserer und Prenzl’Wichser kommen nicht in den Recall!

Sollten wir tatsächlich so verzweifelt sein? Wie machen das andere Paare, die so viele Leute kennen, dass irgendwie keine neuen dazukommen?

Also began ich erstmal Inserate zu lesen und begriff recht schnell, dass dieser Weg der eindeutig Falsche ist, sofern mir nicht an neuen Varianten von Geschlechtskrankheiten und multipersonellen Sexualstellungen gelegen ist. Solche Angebote gibt es tatsächlich im Überfluss.

Den letzten Versuch eines Pärchen-Castings unternahmen wir übrigens in einem Anfall von Frustration und klagten dem Freundfreund (dem König der Spartaner) unser Leid, der sofort Reputation versprach und uns ein seinerseits befreundetes Paar vorstellen wollte.

Auch das entpuppte sich als NullChance-Version eines erfolgreichen Castings:

Beide prollig, der deutsche Christian Audigier und seine marzahnische Friseusenfrau kamen eine halbe Stunde zu spät, bemängelten zuerst die Lokalität und fasselten dann unentwegt von Fußball, dem brandenburgischem Wochenenddomizil und dem letzten Flatrate-Saufen. NullChance-Version, wie schon gesagt – irgendwie richtige Sparthener. Seit diesem Tag bin ich der festen Überzeugung, dass der Freundfreund uns eigentlich abgrundtief hasst, dass er uns tatsächlich mit solchen Menschen verkuppeln wollte. Bescheuerte Idee.

Die hatten übrigens auch das vorzeigbare Pärchen in der U6 von Wedding Richtung Friedrichsstr., die sich zwar leise aber mit Nachdruck darüber unterhielten, dass es doch möglich sein muss, in Berlin unperverse, nette Paare kennen zu lernen. Angesprochen hab ich sie nicht. Ist ja auch echt ne bescheuerte Idee.

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One Response to Pärchen-Casting.

  1. dieKomplizin says:

    mhhhh, wo soll ich mich jetzt zugehörig fühlen????
    Vielleicht bekomme ich ja meinen besten Stubenhocker von allen, mal wieder dazu was “spontanes” zu unternehmen, muss mir vorher nur ‘nen gutes Lockmittel überlegen….. ;0))))

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