Wie es der Zufall so will, veranstaltet der strenggeheime Online-Konsumtempel meiner engeren Wahl, morgen einen Tommy-Hilfiger-Ausverkauf, in dem unter anderem Swimwear etc. offeriert wird. Ich weiss: Momentan ist es da draußen eher nach einem Prequel von “The Day After Tomorrow” aus (noch sieht man den Schnee nicht – aber kann ihn förmlich riechen), trotzdem bin ich bester Laune und genau in der richtigen Stimmung mir Gedanken um die diesjährige Badesaison zu machen. Weil es allerdings wirklich viel zu früh ist, potentielle Strandflächen im Berliner Umland auszukundschaften, bleibt es heute theoretisch.

Wie es der Zufall ausserdem will, habe ich heute zum Frühstück ein ZEIT-Interview mit Tommy Hilfiger gelesen und dabei ist mir ein Statement ins Auge gesprungen:

Frage: Der englische Designer Paul Smith sagt, der größte Fehler, den man machen kann, ist, sich nicht altersgerecht anzuziehen. Was finden Sie peinlich?

Hilfiger: Zu übertreiben. Sie dürfen nie übertreiben! Leute, die versuchen, zu modisch auszusehen, kriegen schnell etwas Albernes: zu viel Schmuck, zu viel Make-up, zu viel Parfüm, einen Designer von Kopf bis Fuß tragen. Nicht alle meine Sachen haben ein Logo auf der Außenseite.

Ich habe keine Markenneurose. Ich merke aber und muss offen zugeben, dass Markenmode oftmals aber bestimmt immer besser und länger hält. Was die Übertreibung anbelangt, ist es ja quasi Prädestination, dass Mr. Hilfiger die Übertreibung verteufelt und seine eigene Casual Wear (ob Logo sichtbar oder nicht) verteidigt. Die Klamotte ist halt schlicht, keinem besonderen Modediktat unterworfen und damit eventuell sogar zeitlos?

Lustigerweise gab es doch in jeder Schulklasse oder Seminar ein Mädchen, dass uniformiert mit einer bestimmten Marke unsere christlichen Tugenden strapaziert hat. Von jeder Extremität grinste uns die Hilfiger-Flagge (!) oder das Lacoste-Krokodil entgegen und die Ästhetik im Innern schrie “Mädel, du kriegst weder Geld noch nen Orden für dein Kostüm!”. Verabschiedet hat sich dieser absolute Markenhype, und damit die zahlreichen Tommy-Girls gutbürgerlicher Gesamtschulen, zeitgleich mit dem Jahrtausendwechsel von deutschen Straßen. Man findet diese Uniform, falls sie denn jemand vermissen sollte, noch auf Yachten und in hauptstädtischen Strandbars (Spreeufer) am Wochenende.

Ich besitze übrigens, wie es der Zufall mal wieder will, eine Tommy Hilfiger-Jeans, die trotz unsachgemäßiger Traktierung mit der Waschmaschine noch genau so aussieht und sich anfühlt, wie anno dazumal als der DHL-Mann sie lieferte. Darum bin ich auch ein wenig überrascht, was das Image der Qualität anbelangt. Von Indien-Produktion wird da gemunkelt – kaum vereinbar mit den sporadisch aufkeimenden Rassismus-Gerüchten, wenn man mich fragt,

Dass Bewährtes funktioniert weiss man nicht erst seit den runden Jubiläen von Klopapier, Kaugummi und Knäckebrot und man hat auch im Interview nicht das Gefühl, dass Hilfiger für sich in Anspruch nimmt ein großer Revolutionär zu sein (zumindest kein großer). Fraglich ist nur ob sich jemand noch Designer nennen darf, wenn die Innovationen irgendwo zwischen Jahresbilanzen und Marktwert auf der Strecke geblieben sind. Schon seit Jahren. Und dieses Jahr sieht bei TH zwar alles nett aus, ist aber ähnlich oder genau so schonmal da gewesen. Und da soll noch einer behaupten, es gebe in der Branche keine Beständigkeit.

Dass der Tommy dem Axl von Guns N’ Roses aber eins auf die Nase gegeben hat, ist dann irgendwie doch außergewöhnlich. Immerhin.

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